Autobahn-Plünderei
Im August 2015 initiierte Wirtschaftsminister Gabriel eine neue ÖPP-Kommission, um privatem Kapital den Weg in öffentliche Infrastrukturen zu bereiten. Vielleicht geht es um die Verschleierung von Schulden durch öffentlich-private Partnerschaft, ÖPP, im Zuge der „Schwarze-Null“-Politik der Bundesregierung. Beispiel Verkauf des Staatsbetriebes Tank & Rast vor 10 Jahren, seit August 15 mit 390 Raststätten im Besitz eines Allianz-Konsortiums. Die Versuchung ist groß, denn der bekannten Unterfinanzierung von 7,2 Milliarden Euro p. a. über alle Verkehrsträger stellt die Bundesregierung ein „Sonderprogramm Brücken“ in Höhe von 1 Milliarde gegenüber, denkt über ein Zehnmilliardeninvestitionsprogramm ab 2016 nach und kündigt für 2018 eine LKW-Maut für Bundesstraßen an. Das Gemeingut Verkehrswegenetz soll privaten Investoren für deren Rendite übereignet werden. Möglicherweise so wie bei den Berliner Wasserbetrieben mit einer Renditegarantie, für die der Steuerzahler bei Unterschreitung einstehen muss. Die Berliner Wasserbetriebe werden jetzt für 1,3 Milliarden zurückgekauft (doppelt soviel wie beim Verkauf) und der ehemals garantierte Gewinn wird zusätzlich bis 2028 an RWE und Veolia fürs Nichtstun überwiesen. Für die Verkehrswege legt der Verkehrsminister den nicht ganz neuen Vorschlag einer eigenen Infrastukturgesellschaft für die Bundesfernstraßen vor. Der ist gut, weil das aktuelle System der Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern sehr ineffizient ist. Das findet der mittelständische Verband der Bauwirtschaft und legt hierzu ein Positionspapier (20MB-pdf-Datei) vor: Autobahn GmbH des Bundes – Gestaltung der Übergangsphase bis 2021.
Auf keinen Fall dürfen die Verkehrswege privatisiert werden. Daher ist neben dem Steuerzahler auch der Nutzer vermehrt an der Finanzierung zu beteiligen. Mögliche Gewinne der effektiveren Verwaltung können dank Verzicht auf private Investoren wieder in Verkehrswege re-investiert werden. Damit würde das Auf-Verschleißfahren der Infrastuktur aufhören, deren Wert langfristig erhalten bleiben und vor allem das Plündern von Gemeingut aufhören. Bei der Gelegenheit bietet sich an, die privaten Investoren des jetzigen Mautsystems auch auszubezahlen.
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Gegen Privatisierung tritt mit der Aufklärung über Public Privat Partnership (PPP) u.a. „Gemeingut in BürgerInnenhand“ an. Deren erstes Projekt war 2011 die Kampagne „Wollt-ihr-wissen“ zum Wasser-Volksentscheid in Berlin. Aktuell erschien gestern der Kommentar „ÖPP bleibt teuer und unsicher“. Gegen die Privatisierung des Verkehrssektors läuft die Kampagne „Bundesfernstraßen-Gesellschaft verhindern“ mit der Bitte um deine Unterschrift.
Campact wiederholt aus gegebenem Anlass (am 17.3.16 werden die SPD-Bundesländerchefs über eine Autobahn-AG entscheiden) heute den Aufruf vom 2.3.16 „Keine Autobahn-Privatisierung„. Im Aufruf werden ausgezeichnet mögliche Fragen beantwortet. Unterzeichnen ist gut, auch wenn das Kind mit dem Badewasser ausgeschüttet wird. Kind = Bundesfernstraßengesellschaft = gut, wie oben im Beitrag. Badewasser = Privatisierung öffentlicher Infrastrukturen = böse, wie bei gemeingut.org.
Die im Beitrag erwähnten 10 Milliarden ab 2016 sind Vergangenheit, es sind 260 Milliarden. Es gibt ganz neu einen Bundesverkehrswegeplan. Auch ganz neu (lobenswert), jeder kann sich im Web beim BVIM informieren und vom 21.3. bis zum 2.5.16 seine Stellungnahme abgeben. Kritisch zum Plan die Stuttgarter Zeitung.